Wie man mit negativen Botschaften umgeht – Nonviolent Communication: Mit gewaltfreier Kommunikation zu mehr Erfolg und Zufriedenheit (Teil 4)

Im vierten und letzten Teil meiner Serie zur “gewaltfreien Kommunikation” nach Marshall B. Rosenberg geht es darum, wie wir besser mit negativen Botschaften umgehen können.

Negatives Feedback zu geben und zu empfangen gehört dazu, wenn wir uns weiterentwickeln wollen und ehrliche und gesunde Beziehungen zu unseren Mitmenschen pflegen wollen. Daher ist es enorm wichtig, dass wir als Empfänger richtig mit diesem Feedback umgehen. Aber auch als Geber von negativem Feedback und negativen Botschaften können wir einiges richtig oder falsch machen.

Dieser Artikel soll dieses Thema einmal näher beleuchten.

Die vier Optionen zum Umgang mit negativen Botschaften

Wenn uns jemand negatives Feedback gibt oder eine Rückmeldung, die uns nicht gefällt, haben wir im Wesentlichen vier Optionen:

  1. Wir beschuldigen uns selbst.
  2. Wir beschuldigen jemand anderes.
  3. Wir nehmen wahr wie wir uns beim Hören dieser Botschaft fühlen und welche Bedürfnisse bei uns nicht erfüllt sind.
  4. Wir nehmen die Gefühle und Bedürfnisse der anderen Person wahr.

Natürlich kannst du dir denken, welche Optionen empfehlenswert sind und welche nicht.

1. Wir beschuldigen uns selbst.

Gewaltfreie Kommunikation ist urteilsfrei. Und das kann für uns, die wir alle auf Unterscheidung von richtig und falsch oder schuldig und unschuldig getrimmt sind, ganz schön verwirrend sein.

Denn auch wenn wir uns selbst beschuldigen, urteilen wir, weisen uns die Schuld zu und fühlen uns damit nicht wirklich gut.

Eventuell merkt unser Gegenüber das sogar und fühlt sich ebenfalls schlecht dafür, negative Gefühle bei uns ausgelöst zu haben. Die Folge: Zukünftig wird die Person zögern, uns offen negatives Feedback zu geben.

Schuldzuweisungen blockieren immer das Mitgefühl. Dabei spielt es keine Rolle, ob es das Mitgefühl einer anderen Person gegenüber oder gegenüber uns selbst ist.

Daher ist diese Option nicht zielführend.

2. Wir beschuldigen jemand anderes.

Auch jemanden anders zu beschuldigen ist der falsche Ansatz. Denn damit gilt wie für die Selbstverurteilung: Wir blockieren Mitgefühl und die Chance zu verstehen und verstanden zu werden.

Was aber noch viel schlimmer ist: Wir weisen die Verantwortung von uns weg und begeben uns damit in eine machtlose Position. Wenn wir nicht schuld sind, können wir schließlich nichts ändern.

Das ist doppelt blöd, da wir zum Einen eine andere Person beschuldigen und damit vermutlich nicht gerade Begeisterung auslösen. Außerdem wird sich der Kritikgeber zukünftig gründlich überlegen, ob er oder sie uns Kritik gibt, wenn diese stets auf taube Ohren stößt.

Damit ist auch dieser Ansatz keine Option.

3. Wir nehmen wahr wie wir uns beim Hören dieser Botschaft fühlen und welche Bedürfnisse bei uns nicht erfüllt sind.

Deutlich bessere Aussichten auf gute Kommunikation und ein tolles Erlebnis werden wir haben, wenn wir statt Angriff oder Verteidigung (Optionen 1 und 2) versuchen, die Situation eher aus einer neutralen Rolle zu sehen.

Statt sofort die Schuldfrage zu klären, sollten wir versuchen, erst einmal zu verstehen, was wir überhaupt fühlen. Welche Gefühle löst das Gehörte bei uns aus? Und warum?

Die zweite Frage zielt bereits auf Bedürfnisse in uns ab, die nicht erfüllt sind. Damit nehmen wir impulsiven Reaktionen den Wind aus den Segeln und handeln aus einem Verständnis unseres Selbst heraus.

Wie immer gilt, dass wir basierend auf der Kenntnisse unserer Gefühle und Bedürfnisse diese viel besser kommunizieren können. Das hilft natürlich nur bedingt, wenn wir negatives Feedback erhalten, sofern dieses berechtigt ist.

Dann können wir uns beispielsweise enttäuscht von uns selber fühlen, weil wir das Bedürfnis haben, die Erwartungen unserer Mitmenschen zu erfüllen, aber dennoch kann es manchmal schwierig sein, zu verstehen, warum uns eine andere Person das Feedback in einer bestimmten Form gibt.

Hier hilft Option 4:

4. Wir nehmen die Gefühle und Bedürfnisse der anderen Person wahr.

Dies ist für mich die Königsdisziplin. Uns weniger mit uns selbst zu beschäftigen und uns stattdessen emphatisch in die andere Person herein zu versetzen hilft uns, ein besseres Verständnis dieser Person, ihrer Gefühle und Bedürfnisse zu erlangen.

Damit können wir Kritik in einem ganz anderen Licht sehen. Außerdem verstehen wir so wirklich, was die Beweggründe dieser Person sind und können unser Verhalten viel besser anpassen, wenn es angebracht ist.

In Kombination mit Option 3 nehmen wir Kritik auf einer mitfühlenden und emphatischen Ebene auf, was die Situation sowohl für Kritikgeber als auch für -empfänger angenehmer macht.

Und eines ist klar: Wenn du wachsen willst, willst du auch negatives Feedback erhalten. Ehrliches negatives Feedback zeigt dir am besten, wo du noch Wachstumspotenzial hast.

Negative Botschaften geben mit Empathie

Früher oder später kommt der Punkt, an dem wir nicht damit einverstanden sind, wie eine andere Person handelt. Wenn wir merken, dass das Handeln einer anderen Person unsere Bedürfnisse nicht erfüllt oder gar verletzt, wird es Zeit, dies zu kommunizieren. Denn nur so können wir ein zufriedenes Leben führen.

Aber natürlich sollten wir der Person nicht an den Kopf werfen, was sie alles “falsch” macht. Denn dies ist unsere Sicht und die ist immer unvollständig und manchmal schlichtweg “falsch”.

Stattdessen sollten wir immer einen emphatischen Weg wählen, der unserem Gegenüber das Gefühl gibt, verstanden zu sein.

Moment mal. Da redet jemand Unsinn und ich soll dafür auch noch Verständnis zeigen?

Ja, so kann man es zusammenfassen. Also zumindest, wenn du möchtest, dass dein Gegenüber sein oder ihr Verhalten ändert und offen für deine Vorschläge ist. Sei emphatisch!

Wie man emphatischer wird.

Empathie ist das Vermögen, sich in die Gefühle und die Situation einer anderen Person zu versetzen und zu kommunizieren, dass wir sie verstehen.

Hierbei hilft es Anwesend zu sein. Mache nicht fünf Sachen gleichzeitig, sondern konzentriere dich vollständig auf die Konversation. Höre aktiv zu und halte dich mit Ratschlägen zurück. Zunächst geht es darum, sicherzugehen, dass du wirklich verstehst, wie es in der anderen Person aussieht.

Versuche nicht, die Fakten im kleinsten Detail zu verstehen. Intellektuelles Verstehen unterdrückt Empathie nämlich. Soll heißen: wenn deine Freundin dir von einem Autounfall erzählt, ist die Frage nach der Anzahl der Beteiligten und der Farbe der Autos weniger relevant als wie sich deine Freundin dabei gefühlt hat.

Paraphrasiere das gehörte und reflektiere, was du hörst. Damit zeigst Du Deinem Gegenüber, dass du wirklich bei der Sache bist und solltest du mal etwas missverstanden haben, fällt es sofort auf und kann korrigiert werden. So stellst Du sicher, dass Du wirklich verstehst und nicht nur glaubst, verstanden zu haben. Außerdem wird die andere Person das Gefühl haben, gehört und verstanden zu sein, was tatsächlich auch stimmt.

Beim Reflektieren und paraphrasieren ist es wichtig, dass wir nicht nur sagen:

Ich verstehe dich!

Denn wenn sich unser Gegenüber nicht verstanden fühlt, kann diese Aussage ganz schön provozieren. Stattdessen solltest du das Gehörte, genauer gesagt was du glaubst, zu verstehen, in eigenen Worten wiedergeben.

Und, ganz wichtig: Wenn dein Gegenüber Dir signalisiert, dass Du ihn oder sie nicht richtig verstanden hast: Nicht wütend werden, sondern die Gelegenheit ergreifen, das Missverständnis bereits an der Wurzel zu beseitigen.

Die Gefühle und Bedürfnisse der anderen Person wirklich zu verstehen und zu kommunizieren vermittelt ein unglaubliches Gefühl der Sicherheit. Und Sicherheit und Vertrauen sind die beste Grundlage, um den Wunsch nach einer Verhaltensänderung zu äußern.

Was ist die Alternative? Die Alternative wäre, dass wir auf emotionale Erpressung und Schuldgefühle setzen, um das zu erreichen, was wir wollen. Das kann kurzfristig klappen, richtig aber extremen Schaden an und wird langfristig zu nichts führen. Wie die “Alternative für Deutschland”, so ist auch diese Alternative keine echte Alternative.

Last but not least, dürfen wir als Geber oder Geberin von negativer Kritik oder wenn wir einen Wunsch ausdrücken, ein “Nein” nicht persönlich oder gar als Angriff werten. Ja, okay, ein Wunsch wurde nicht erfüllt, aber wir kennen unsere Bedürfnisse und die der anderen Person und können so einen viel besseren Weg finden.

Fazit

In diesem Artikel hast du einen groben Überblick darüber bekommen, wie du negative Botschaften “gewaltfrei” empfangen und geben kannst.

Ich hoffe, dass dir dieses Wissen in deinem Leben viele Türen öffnet und die Interaktion mit deinen Mitmenschen deutlich angenehmer werden lässt. Wichtig bei “gewaltfreier Kommunikation” ist, dass es dabei nicht darum geht, uns zu verstellen oder mit unseren Gefühlen hinterm Berg zu halten. Ganz im Gegenteil: Es geht darum, unsere Gefühle und Bedürfnisse klar aber ohne Wertung oder Schuldzuweisung zu kommunizieren.

Ich stelle in der Praxis oft fest, dass Mitmenschen diesen Ansatz nicht gewohnt sind und daher oft Schuldzuweisungen hören, obwohl ich lediglich über meine Gefühle spreche. Besonders schwierig ist es für viele Menschen wirklich zu verstehen, dass es einen Unterschied zwischen einer Forderung und einer Anfrage/Bitte gibt. Das liegt einfach daran, dass die meisten von uns diesen Kommunikationsansatz nie gelernt und auch nie erlebt haben.

Es bedarf also viel Übung, Einsatz und Geduld um selber wirklich gewaltfrei kommunizieren zu können (ich übe immer noch…) und um Mitmenschen diesen Ansatz zu vermitteln. Im Alltag stelle ich fest, dass es wesentlich einfacher und angenehmer ist, gewaltfrei mit Menschen zu kommunizieren, die selber um NVC wissen und sich dazu “verpflichten”, diese Methodik anzuwenden.

Mit diesen Menschen ist es viel einfacher, mal eben schnell über die Methodik zu reden, wenn wir im Gespräch wahrnehmen, dass Grundsätze nicht eingehalten werden. Daher: Spread the word! Teile diesen Artikel und diese Serie mit den Menschen um dich herum, schaue mit ihnen das YouTube Video oder lest das Buch. Es lohnt sich!

Quellen zum Thema “Gewaltfreie Kommunikation”

Das Buch

Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation, wurde bereits in den Sechzigern von Marshall B. Rosenberg eingeführt, erfunden bzw. beschrieben. Seitdem gab er Workshops in diesem Bereich und hat auch einige sehr interessante Bücher über dieses Thema verfasst. Sein Buch “Nonviolent Communication: A Language of Life: Life-Changing Tools for Healthy Relationships*” oder zu deutsch “Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens*” kann ich uneingeschränkt empfehlen.

Seminar-Aufzeichnung auf YouTube (Englisch)

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